Mittelformat
Formateigenschaften
Kameratypen
Das analoge Mittelformat ist ein guter Kompromiss zwischen Abbildungsqualität und Kameragröße. Zweiäugige Spiegelreflexkameras im Stile der Rolleicord V oder Klappkameras der Bauart Agfa Isolette III fallen kompakter aus, als so manch eine digitale Vollformatausrüstung. Deren Objektive können zwar nicht mit neuen Festbrennweiten mithalten, aber auch mit ihnen lassen sich Ergebnisse erzielen, die hohen Ansprüchen genügen.
Das Mittelformat deckt mehrere Negativgrößen ab, die sich (wie der Name vermuten lässt) zwischen dem Kleinbildformat und dem Großformat bewegen. Die folgende Tabelle fasst die Negativgrößen zusammen und stellt sie dem geläufigen Kleinbildformat gegenüber:
Nennformat | Effektive Bildfläche | Faktor gegenüber Kleinbild |
Bemerkungen |
---|---|---|---|
Kleinbild | 24 x 36 mm | 1 | |
6 x 4,5 cm | 56 x 41,5 mm | 2,7 | häufig |
6 x 6 cm | 56 x 58 mm | 3,6 | häufig; das klassische Quadrat |
6 x 7 cm | 56 x 69,5 mm | 4,5 | häufig; "Königsformat" |
6 x 9 cm | selten | ||
4 x 4 cm | selten | ||
6 x 8 cm | selten | ||
6 x 12 cm | Panoramaformat | ||
6 x 17 cm | Panoramaformat | ||
6 x 24 cm | Panoramaformat |
Das Mittelformat bietet also in erster Linie eine größere Filmfläche, was bei gleichbleibender Qualität größere Positive ermöglicht.
Selbst wenn man das Auflösungsvermögen nicht ausreizt, ergibt sich aus der zur Verfügung stehenden Filmfläche noch ein weiterer Vorteil: Mittelformataufnahmen haben einen wesentlich größeren Tonwertumfang. Sie zeigen ein Bouquet an Farben, eine Reichhaltigkeit der Tönung in den Lichtern und Schatten, die weder analoge noch digitale Kleinbildaufnahmen erreichen. Auflösung ist eben nicht alles.
Unübertroffen ist der Tonwertreichtum von Kontaktabzügen großformatiger Schwarz-weiß-Negative. Einige Fotografen – wie zum Beispiel Josef Sudek – haben deshalb ausschließlich Kontaktabzüge von ihren Großformat-Aufnahmen angefertigt.
Da für alle Mittelformat-Varianten Rollfilm 120 oder 220 verwendet wird, ergibt sich eine unterschiedliche Anzahl an Bildern pro Film (in der Tabelle zusammen mit der passenden Brennweite des Standardobjektivs):
Nennformat | Bilder pro 120er-Rollfilm |
Brennweite des Standardobjektivs |
---|---|---|
6 x 4,5 cm | 16 | 75 mm |
6 x 6 cm | 12 | 80 mm |
6 x 7 cm | 10 | 90 mm |
6 x 9 cm | 8 | 100 mm |
Da die Schärfentiefe nicht von der Filmfläche oder dem Bildformat, sondern ausschließlich von der Brennweite des Objektivs abhängt, steht für Mittelformataufnahmen grundsätzlich weniger Schärfentiefe als für äquivalente Kleinbildaufnahmen zur Verfügung.
Die Grenzauflösung des Auges beträgt durchschnittlich 12 Linien oder 6 Linienpaare pro mm bei einem Betrachtungsabstand von 25 cm (gute Beleuchtung vorausgesetzt). Dies entspricht genau 304,8 dpi (dots per inch, Punkte pro Zoll). Menschen mit sehr guten Augen erreichen das doppelte Auflösungsvermögen. Für die Konstante K in der Formel unten muss man also einen Wert von 7620 bis 15.240 dpi x cm annehmen:
Auflösung [dpi] = K [dpi x cm] / Betrachtungsabstand [cm]
Legt man zum Beispiel einem Foto der Größe 60 x 60 cm einen Betrachtungsabstand von 70 cm zugrunde, benötigt man 109 bis 218 dpi oder 6,6 bis 26,5 Megapixel für den Ausdruck. Da jedoch niemand einen Betrachter daran hindert, ein Foto auch aus der Nähe zu studieren, kann sich (in Abhängigkeit vom Motiv) ein wesentlich konservativer dpi-Wert als angemessen erweisen.
Man kann das benötigte Auflösungsvermögen eines Fotos (gerechnet in Megapixel) leicht berechnen, wenn man weiß, dass Abzüge üblicherweise in einem Bereich von 150 bis 300 dpi ausbelichtet werden. Welchem Megapixeläquivalent Kleinbild oder Mittelformat entspricht, hängt vom eingesetzten Film, der Entwicklung, dem Scanner, dem Scanverfahren, dem Objektiv und nicht zuletzt von der erreichten Schärfe (Fokussierung) ab. Als grober Hinweis kann gelten, dass eine durchschnittliche Mittelformatkamera wenigstens 20 Megapixel an Auflösung zur Verfügung stellt.
Format | 150 dpi | 200 dpi | 300 dpi | benötigtes Auflösungsvermögen des Systems bei 200 dpi |
---|---|---|---|---|
30 x 45 cm | 1771 x 2657 Pixel | 2362 x 3543 Pixel | 3543 x 5315 Pixel | 8,37 Megapixel |
40 x 60 cm | 2362 x 3543 Pixel | 3150 x 4724 Pixel | 4724 x 7087 Pixel | 14,88 Megapixel |
50 x 75 cm | 2953 x 4429 Pixel | 3937 x 5905 Pixel | 5905 x 8858 Pixel | 23,25 Megapixel |
Eine Ausbelichtung mit 200 dpi reicht in der Regel aus. Wie man aus der Tabelle erschließen kann, sind die Anforderungen an mehr als 200 dpi auch im Mittelformat für großformatige Abzüge nur schwer erfüllbar, oder anders ausgedrückt:
Mit einer 6x6-Mittelformat-Ausrüstung lassen sich Abzüge bis 60 x 60 cm ohne Qualitätsverlust realisieren.
Im Mittelformat lassen sich vier verschiedene Kameratypen unterscheiden:
Die im Mittelformat stark verbreiteten Systemkameras bieten neben dem Vorteil wechselbarer Objektive die Möglichkeit, den Sucher (Lichtschacht gegen Prismensucher oder umgekehrt), den Filmtyp oder das Filmformat zu verändern. Zum Teil können digitale Rückwände eingesetzt werden. Ist der Wechsel mit eingelegtem Film erlaubt, spricht man von einem Magazin, ansonsten von einer Rückwand (über die man aber zum Beispiel einen Formatwechsel realisieren kann).
Die etwas seltsam anmutenden Zweiäugigen sind erstaunlich kompakt und haben zudem keinen Spiegelschlag, wodurch längere Belichtungszeiten aus der Hand gelingen. Für sie stehen in der Regel keine Magazine und nur selten austauschbare Rückwände für andere Formate zur Verfügung. Mamiya hat jedoch zweiäugige Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven hergestellt. Zweiäugige sind auf dem Gebrauchtmarkt stark vertreten, sodass man häufig für wenig Geld in den Genuss einer solchen Mittelformatkamera kommen kann.